Hessisches Gesetz über die Entziehung der Freiheit geisteskranker, geistesschwacher, rauschgift- oder alkoholsüchtiger Personen

Vom 19. Mai 1952 (GVBl. I 1952, 111)

I. Abschnitt Zulässigkeit der Unterbringung

§ 1

II. Abschnitt Zuständigkeit und Verwaltungsverfahren

§ 2
§ 3
§ 4
§ 5
§§ 6-9
§ 10
§§ 11-15

III. Abschnitt Durchführung der Unterbringung

§ 16
§ 17
§ 18
§ 19

IV. Abschnitt Entlassung

§ 20
§ 21
§§ 23-25

V. Abschnitt Kosten der Unterbringung

§ 26
§§ 27-30
§ 31

VI. Abschnitt Schlußbestimmungen

§ 32
§ 33
§ 34
§ 35 Inkrafttreten

I. Abschnitt Zulässigkeit der Unterbringung

§ 1

(1) Geisteskranke, geistesschwache, rauschgift- oder alkoholsüchtige Personen sind auch gegen ihren Willen in einer geschlossenen Krankenabteilung oder in einer anderen geeigneten Verwahrung unterzubringen, wenn aus ihrem Geisteszustand oder ihrer Sucht eine erhebliche Gefahr für ihre Mitmenschen droht und diese nicht anders abgewendet werden kann.

(2) Bilden die in Absatz 1 genannten Personen infolge ihres Geisteszustandes oder ihrer Sucht eine Gefahr für sich selbst, so können sie in gleicher Weise untergebracht werden, wenn die Gefährdung erheblich ist und nicht anders abgewendet werden kann.

(3) Die Unterbringung dauert nur so lange, wie ihr Zweck es erfordert. Die Unterbringung von Rauschgift- und Alkoholsüchtigen darf nicht länger als zwei Jahre dauern.

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II. Abschnitt Zuständigkeit und Verwaltungsverfahren

§ 2

(1) Das Unterbringungsverfahren wird durch einen Antrag der Verwaltungsbehörde beim Vormundschaftsgericht eingeleitet; der Erlaß einer einstweiligen Anordnung von Amts wegen nach § 70h Abs. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bleibt unberührt.

(2) Zuständige Verwaltungsbehörde ist der Gemeindevorstand.

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§ 3

Zuständig ist die Verwaltungsbehörde des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsorts des Unterzubringenden. Bei einer vorläufigen Unterbringungsmaßnahme nach § 70h Abs. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist auch die Verwaltungsbehörde zuständig, in deren Bezirk die Notwendigkeit der Maßnahme auftritt.

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§ 4

(aufgehoben)

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§ 5

(1) Der Antrag auf Unterbringung ist schriftlich einzureichen.

(2) Dem Antrag ist das Zeugnis eines approbierten Arztes über den Geisteszustand oder die Süchtigkeit des Unterzubringenden beizufügen, das auf einer höchstens 14 Tage zurückliegenden Untersuchung beruht.

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§§ 6-9

(aufgehoben)

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§ 10

Liegen die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 1 Abs. 1 oder 2 mit hoher Wahrscheinlichkeit vor und ist Gefahr im Verzug, kann die allgemeine Ordnungsbehörde oder die Polizeibehörde die sofortige Ingewahrsamnahme anordnen und vollziehen. In diesem Fall ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der sofortigen Ingewahrsamnahme herbeizuführen.

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§§ 11-15

(aufgehoben)

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III. Abschnitt Durchführung der Unterbringung

§ 16

Die vom Gericht angeordneten Unterbringungen führt die Verwaltungsbehörde durch.

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§ 17

Der Untergebrachte unterliegt der Anstaltsordnung. Die Unterbringung umfaßt auch die Behandlung mittels eines Heil- oder Entziehungsverfahrens. Ärztliche Eingriffe, die mit erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit verbunden sind, dürfen nur mit Einwilligung des Untergebrachten oder seines gesetzlichen Vertreters vorgenommen werden. Bei welchen ärztlichen Eingriffen diese Voraussetzungen vorliegen, bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung.

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§ 18

(1) Briefe des Untergebrachten dürfen von den durch die Anstaltsordnung hierzu bestimmten Ärzten eingesehen und zurückbehalten werden, wenn dies im wohlverstandenen Interesse des Untergebrachten, des Empfängers oder eines Dritten liegt. Im Falle der Zurückbehaltung sind sie zu verwahren. Briefe des Untergebrachten an seine Angehörigen sollen nicht zurückbehalten werden. Briefe an den gesetzlichen Vertreter und an eine Behörde dürfen nur mit Zustimmung des Gerichts zurückbehalten werden. Briefe an den gewählten oder bestellten Rechtsanwalt oder an die Aufsichtsbehörde der Anstalt dürfen nicht zurückbehalten werden.

(2) Briefe an den Untergebrachten dürfen von den durch die Anstaltsordnung hierzu bestimmten Ärzten eingesehen und, wenn ihre Aushändigung an den Untergebrachten untunlich erscheint, zurückgewiesen werden. Ist der Absender eine Behörde, der gesetzliche Vertreter oder der Rechtsbeistand, so entscheidet auf deren Antrag das Gericht.

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§ 19

(1) Erscheint eine Unterbrechung der Unterbringung vertretbar, so kann der Leiter der Anstalt den Untergebrachten beurlauben. Die jederzeit widerrufliche Beurlaubung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Beurlaubte bestimmte Auflagen erfüllt.

(2) Wenn die Beurlaubung drei Monate überschreitet, ist sie dem Richter mitzuteilen.

(3) Die Dauer des Urlaubs wird auf die in § 1 Absatz 3 Satz 2 genannte Frist nicht angerechnet.

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IV. Abschnitt Entlassung

§ 20

Untergebrachte sind mit dem Zeitpunkt, zu dem die Unterbringungsmaßnahme endet, freizulassen, ohne daß es einer gerichtlichen Anordnung der Entlassung bedarf.

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§ 21

(aufgehoben)

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§ 22

Der Untergebrachte, die Verwaltungsbehörde, der Leiter der Anstalt oder eine in § 70d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkei t genannte Person kann bei dem Gericht eine Entscheidung über die Entlassung oder eine andere Art der Unterbringung beantragen.

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§§ 23-25

(aufgehoben)

V. Abschnitt Kosten der Unterbringung

§ 26

(aufgehoben)

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§§ 27-30

(aufgehoben)

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§ 31

Die Kosten einer Unterbringung nach diesem Gesetz trägt der Untergebrachte; hierzu gehören auch die Kosten der Überführung in die Anstalt. Soweit der Untergebrachte die Kosten nicht aus eigenen Kräften und Mitteln aufbringen kann oder von anderer Seite erhält, trägt der Landeswohlfahrtsverband Hessen die Kosten; die Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes finden entsprechende Anwendung.

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VI. Abschnitt Schlußbestimmungen

§ 32

(aufgehoben)

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§ 33

In dem in diesem Gesetz bezeichneten Umfange werden die Grundrechte der Freiheit der Person, der körperlichen Unversehrtheit und der Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses ( Art. 2 und 10 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und Art. 5 , 6 und 12 der Verfassung des Landes Hessen) eingeschränkt.

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§ 34

(aufgehoben)

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§ 35 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt einen Monat nach seiner Verkündung in Kraft.

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