Berlin, 22. November 2025: Entsetzt und empört reagiert das NETZWERK ARTIKEL 3 auf den jüngst vorgelegten Referentenentwurf der Bundesregierung zur Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG): „Mit den geplanten Bestimmungen wird ein unmittelbar anwendbares Recht aus der UN-Behindertenrechtskonvention ausgehebelt und damit wirkungslos“, kritisiert Prof. Dr. Sigrid Arnade vom Vorstand des Netzwerks. Es handele sich dabei um das Konzept der „angemessenen Vorkehrungen“, zu denen private Anbieter von Waren und Dienstleistungen künftig nicht mehr verpflichtet werden könnten. Mit angemessenen Vorkehrungen sind Änderungen und Anpassungen gemeint, die im Einzelfall einem behinderten Menschen die gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen. Werden angemessene Vorkehrungen verweigert, so spricht die UN-Behindertenrechtskonvention von einer Diskriminierung, erläutert Arnade.
Die Vorstandsfrau des NETZWERK ARTIKEL 3 bewertet diesen Rückschritt im Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Zeitgeist, in dem die Rechte von Minderheiten zunehmend in Frage gestellt werden: „Während in der Vergangenheit bezüglich der rechtlichen Gleichstellung behinderter Menschen zwar viel zu langsam, aber stetig Fortschritte erzielt wurden, sollen jetzt verbriefte Rechte beschnitten werden.“ Damit werde gegen das Benachteiligungsverbot im Grundgesetz und gegen die UN-Behindertenrechtskonvention verstoßen, weiß die Fachfrau. „Das Bundesverfassungsgericht wird eine solche Norm für nichtig erklären“, ist sich Arnade sicher. „Aber bis dahin vergeht viel Zeit, in der wir rechtlos der Willkür privater Unternehmen ausgeliefert sind“.
Sigrid Arnade hofft auf die Kraft behinderter Menschen und ihrer Organisationen: „Betroffen sind immerhin mehr als zehn Prozent der Bevölkerung“, rechnet sie vor. „Der Bundesregierung kann es nicht gleichgültig sein, wenn so eine große Gruppe sich gegen ihre drohende Benachteiligung wehrt. Dann muss sie einlenken und ein gutes Gesetz mit echten Fortschritten erarbeiten und verabschieden“, so Arnade.
Das NETZWERK ARTIKEL 3 – Verein für Menschenrechte und Gleichstellung Behinderter e.V. ist ein bundesweit arbeitendes Netzwerk der Gleichstellungsinitiativen, das sich einer menschenrechtsorientierten Sichtweise von Behindertenpolitik verschrieben hat.





