Berlin: Heute, am 17. Mai, biegt das Gesetzgebungsverfahren zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz mit der Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages von 10:30 bis 11:30 Uhr in die Zielgerade ein. Denn nun sind es nur noch 4 Tage, die den Bundestagsabgeordneten verbleiben, um aus dem schwachen Gesetzentwurf der Bundesregierung durch entsprechende Änderungsanträge ein umfassendes und gutes Barrierefreiheitsstärkungsgesetz zu schaffen, das diesen Namen verdient. Viele behinderte Menschen und ihre Verbände haben sich in den letzten Wochen an ihre Abgeordneten gewandt und werden die heutige Anhörung und mögliche Änderungsanträge unter dem Motto "We are watching you!" sehr genau verfolgen.
Im Wahlkampf geht es meist darum, was die einzelnen Parteien bzw. deren Kandidat*innen zukünftig planen bzw. verändern wollen. Dabei wird natürlich auch darüber gestritten, was man in der Vergangenheit bereits getan oder auch nicht getan hat. Gerade im Hinblick auf die für den 26. September anstehende Bundestagswahl werden diese Woche viele behinderte Menschen sehr kritisch darauf schauen, was die einzelnen Bundestagsabgeordneten ganz praktisch im Hier und Jetzt tun, statt auf das, was sie für die Zukunft theoretisch versprechen. Denn das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist eine der letzten behindertenpolitischen Initiativen, über die die derzeitigen Bundestagsabgeordneten zu entscheiden haben. Und Barrierefreiheit ist ein Thema, das sehr viele behinderte Menschen ganz konkret im Alltag, sozusagen fast an jeder Ecke, beschäftigt. Viele haben in den letzten Wochen Mails an Bundestagsabgeordnete geschrieben und versucht, diese für ein umfassendes Barrierefreiheitsrecht zu überzeugen. Schafft Deutschland endlich, ähnlich wie dies in Österreich oder Großbritannien schon seit vielen Jahren gesetzlich geregelt ist, den Rahmen für die Verpflichtung zu barrierefreien Angeboten von Unternehmen oder dümpeln wir weiter im Klein-Klein ohne wirkliche gesetzliche Handhabe herum? Um nicht mehr und nicht weniger geht es in dieser Woche im Bundestag.
Der Auftakt für die Entscheidung der Bundestagsabgeordneten, welche Änderungsanträge sie einbringen, um den Gesetzentwurf der Bundesregierung zu verändern, beginnt heute am 17. Mai mit der Anhörung von Sachverständigen im zuständigen Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages. Dazu muss man wissen, dass sich die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD bereits um eine sonst weitgehend übliche erste Debatte im Bundestagsplenum zu diesem Thema gedrückt hat. Der Gesetzentwurf wurde im vereinfachten Verfahren ohne Aussprache in den zuständigen Ausschuss verwiesen. Zwischenzeitlich stand sogar in Frage, ob übehaupt eine Anhörung zum Gesetzentwurf durchgeführt werden soll, was letztendlich darin mündete, dass nun ein verkürzte Anhörung von lediglich 60 Minuten statt der sonst üblichen 90 Minuten stattfindet.
Und dann ist da noch der Zeitpunkt der abschließenden Debatte und Entscheidung über das Gesetz, der im derzeitigen Plan am Donnerstag, den 20. Mai von 22:10 bis 22:50 Uhr auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Am liebsten scheint es den Abgeordneten der Regierungskoalition also anscheinend zu sein, wenn um das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz möglichst wenig Aufheben gemacht wird, wo doch sonst ständig die Bewusstseinsbildung gepredigt wird, die alles richten wird, so dass es keiner verpflichtenden gesetzlichen Vorschriften braucht.
Ein Akt der Bewusstseinsbildung für die Bundestagsabgeordneten dürfte heute die Anhörung der Verbände und Sachverständigen bieten, die von 10:30 bis 11:30 Uhr stattfindet. Mit dabei sind u.a. Christiane Möller vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) und Dr. Sigrid Arnade von der LIGA Selbstvertretung. Die Monitoringstelle UN-Behindertenrechtskonvention, der Sozialverband VdK und die BAG Selbsthilfe sind u.a. weitere Verbände, die zur Anhörung geladen wurden. Zur Anhörung kommt dabei der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sowie ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zur umfassenden Barrierefreiheit. Anhand der Fragen, die von den einzelnen Fraktionen gestellt werden, wird man wahrscheinlich erahnen können, welche Änderungsanträge dann eingebracht werden, die bereits am Mittwoch, den 19. Mai, im Ausschuss für Arbeit und Soziales entschieden und als Grundlage für die Abstimmung im Bundestagsplenum am 20. Mai dienen.
Die Anhörung wird am 17. Mai von 10:30 bis 11:30 Uhr online auf der Plattform www.bundestag.de übertragen.
"We are watching you!" heißt es dazu vom Bündnis für ein gutes Barrierefreiheitsrecht
Link zu weiteren Infos zur Anhörung und zu den Stellungnahmen