Berlin: Die Reaktionen auf die Bundestagsdebatte und vor allem auf den Inhalt des am späten Abend des 20. Mai mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD verabschiedeten Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sind vielfältig. Vonseiten derjenigen, die tagtäglich mit Barrieren konfrontiert und dadurch massiv behindert werden, reicht dies von massivem Frust, über Polemik bis unglaublichem Ärger. So hat sich auch die Sprecherin der LIGA Selbstvertretung Dr. Sigrid Arnade mit einem äusserst verärgerten Kommentar nach dem Beschluss des Bundestages in Anlehnung an die Wutrede von Greta Thunberg zu Wort gemeldet und an die verantwortlichen Abgeordneten gewandt. In ihrem Aufschrei fragt bzw. sagt Dr. Sigrid Arnade, die über zwei Wochen mit dem Mehr Barrierefreiheit Wagen durch Deutschland getourt ist, um für ein gutes Barrierefreiheitsgesetz zu werben: "How dare you?!" was sich mit "Wie konnten Sie es wagen?!" in deutsch übersetzen lässt.
How dare you?!
Aufschrei von Dr. Sigrid Arnade
Schämen Sie sich! Sie, die Sie sich als Volksvertreter*innen bezeichnen. Ja, ich meine Sie, die Damen und Herren Abgeordnete der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD.
Was denken Sie sich dabei, mindestens 10 Prozent der deutschen Bevölkerung auf unabsehbare Zeit eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft zu verweigern? Haben Sie im Corona-Lockdown nicht selbst erlebt, wie sich Ausschluss und eingeschränkte Partizipation anfühlen? Woher nehmen Sie die Dreistigkeit, diesen Zustand für Menschen mit Behinderungen um weitere Jahrzehnte zu verlängern und ihnen einen unnötigen Barriere-Lockdown aufzuzwingen?
Dass Sie dabei gegen geltendes Recht verstoßen, interessiert Sie offensichtlich wenig. Dass Sie die Menschen- und Freiheitsrechte von vielen Millionen Menschen in diesem Land ignorieren und mit Füßen treten, sollte Ihnen allerdings zu denken geben. Immerhin heißt es, Abgeordnete seien ihrem Gewissen verpflichtet. Wann haben Sie Ihres zum letzten Mal befragt oder überhaupt gespürt?
Bei Ihrer Aufgabenerfüllung, das ganze Volk zu vertreten (Grundgesetz, Art. 38), haben Sie auf ganzer Linie versagt. Das können Sie jetzt in dieser Legislaturperiode nicht mehr korrigieren. So wie behinderte Menschen weiter mit unnötigen Barrieren leben müssen, müssen Sie fortan mit Ihrem schlechten Gewissen leben, und das ist nötig.
Wenn Ihnen ein Funken von Anstand geblieben ist, dann ziehen Sie sich wegen Unfähigkeit aus der Politik zurück und spenden Sie für Selbstvertretungsorganisationen für eine Fortsetzung des Kampfes gegen Barrieren. Und hier noch ein Vorschlag für eine sinnvolle Betätigung: Ziehen Sie in den kommenden Jahrzehnten von Tür zu Tür und leisten Überzeugungsarbeit für mehr Barrierefreiheit.
Aber noch einmal: Wie konnten Sie es wagen?! How dare you?!