Logo: Gute Nachrichten zur Inklusion Copyright: Marleen Soetandi

Logo der LAG Selbsthilfe BremenBremen: Wer sich zum Sitz der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Bremen in der Waller Heerstraße 55 in Bremen begibt, dem fällt sofort die dort herrschende Betriebsamkeit auf. Bei einem Treffen mit dem 1. Vorsitzenden des Vereins Jürgen Karbe, dem Leiter der Geschäftsstelle Gerald Wagner sowie dessen Stellvertreter Florian Grams wurde Ottmar Miles-Paul vom Projekt Gute Nachrichten zur Inklusion des NETZWERK ARTIKEL 3 mit einem Feuerwerk verschiedener Aktivitäten und Themen begrüßt, mit denen die LAG Selbsthilfe Bremen derzeit befasst ist. Dass die Landesarbeitsgemeinschaft, in der sich mehr als 35 Selbsthilfevereinigungen behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen zusammengeschlossen haben, so gut und aktiv die Corona-Pandemie überstanden hat, das ist für das NETZWERK ARTIKEL 3 eine gute Nachricht zur Inklusion. Denn dies ist nicht überall der Fall.

Die Basis der Arbeit und des Leitbildes der LAG Selbsthilfe Bremen sind die Anliegen und Bedürfnisse behinderter Menschen, heißt es auf der Startseite der Organisation im Internet. Und das spürt man sofort, denn seit Januar 2018 betreibt die LAG Selbsthilfe Bremen beispielsweise eine Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatungstelle (EUTB), an die sich viele behinderte Menschen und Angehörige wenden. Seit 1. Januar 2023 konnte dieses Angebot auf eine Außenstelle in der Schwachhauser Heerstraße 266 in Bremen ausgeweitet werden. Dort stehen die bisherigen Beraterinnen des Blinden- und Sehbehindertenvereins und des Gehörlosenverbands unter dem Dach der LAG Selbsthilfe Bremen ebenfalls für Beratungsanfragen zur Verfügung.

Das besondere am Beratungsangebot der LAG Selbsthilfe in Bremen ist, dass hier sehr viele Anfragen von Menschen nichtdeutscher Herkunft eingehen und auch eine Reihe von Beratungs- und Austauschformaten entwickelt wurden. So auch das Welt-Cafe. Denn gerade wenn sich beispielsweise geflüchtete Menschen treffen, ist das Beratungs- und Austauschpotential viel größer, als wenn nur Einzelberatungen durchgeführt werden. Vor allem auch die Beteiligung von geflüchteten behinderten Menschen selbst am Angebot macht hier einen großen Unterschied im Sinne einer guten Peer Beratung, wie ein Bericht auf der Internetseite der LAG Selbsthilfe Bremen zeigt.

Neben der Tatsache, dass Yulia Kuhn und Elena Petri-Siagas Beratungen in russischer Sprache anbieten, heißt es auf der Internetseite der LAG Selbsthilfe Bremen: "Eine letzte 'Lücke' für die kultursensible und muttersprachliche Teilhabeberatung der LAGS konnten wir jetzt schließen: Mamadou Gayo Balde, gehbeeinträchtigter Student aus Guinea, unterstützt die LAGS ab Oktober in der Beratung und Selbsthilfe für und mit Menschen mit Behinderungen mit westafrikanischen Muttersprachen und aus französisch- oder englischsprachigen Ländern. Gesprächstermine mit Mamadou können im Schwerpunkt für Freitagvormittags zwischen 10.00 und 13.00 Uhr vereinbart werden, gern aber auch nach individuellem Bedarf. Mit diesem Angebot sind jetzt zusammen mit der russisch-ukrainischen Beratung an Mittwochvormittagen zwischen 09.30 und 13.30 Uhr und individuell möglichen Beratungen in Albanisch, Arabisch, Bulgarisch, Farsi/Dari, Kurdisch und Türkisch sind jetzt Beratung und Selbsthilfe für die gängigsten Sprachgruppen in der LAG Selbsthilfe möglich."

Link zum Bericht

Die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung ist aber nur ein Standbein der LAG Selbsthilfe. Sei es das Bremer Behindertenparlament, das alljährlich durchgeführt wird und in Bremen eine langjährige Tradition hat, der Einsatz für mehr Barrierefreiheit, der Protesttag zur Gleichstellung behinderter Menschen um den 5. Mai herum oder politische Beteiligungsprozesse, die in Bremen und Bremerhaven anstehen, die nötigen Tätigkeiten enden nie, wie Gerald Wagner berichtet. Und hier wird bei all den Aktivitäten auch deutlich, wie angespannt die Personaldecke der LAG Selbsthilfe Bremen ist. Denn mit der zunehmenden Beteiligung behinderter und chronisch kranker Menschen an politischen Entscheidungsprozessen ist die Personaldecke der LAG Selbsthilfe nicht entsprechend mitgewachsen. Das sorgt für enormen Stress, denn auch in Bremen muss noch viel für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention getan werden.

Dass es auch in Bremen also noch einiges zu tun gibt, das zeigte die Diskussion mit den Vertretern der LAG Selbsthilfe Bremen schnell auf. Bei der Barrierefreiheit sei es dringend nötig, dass auch die privaten Anbieter von Dienstleistungen und Produkten zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. In Sachen Beschäftigung behinderter Menschen müsse das Budget für Arbeit und das Budget für Ausbildung auch in Bremen bekannter gemacht und deren Nutzung aktiv gefördert werden. Denn behinderte Menschen brauchen Alternativen zur Beschäftigung in Werkstätten für behinderte Menschen. Sie müssen auch außerhalb der Werkstätten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten und dort entsprechend unterstützt werden. Und dann sind da noch all die Fragen, die im Zusammenhang mit der ärztlichen Versorgung, Hilfsmitteln etc. zusammenhängen. Denn auch in Bremen gibt es noch viel zu wenige barrierefreie Arztpraxen und in den verschiedenen Gremien zum Gesundheitswesen will auch eine gute Patientenvertretung geleistet werden. Die Arbeit wird der LAG Selbsthilfe daher sicherlich nicht ausgehen, engagierter Nachwuchs ist dort also herzlich willkommen.

Link zur Internetseite der LAG Selbsthilfe Bremen