Berlin: "Die Wirtschaft darf behinderte Menschen weiter ausschließen", so fasst der Verein Sozialhelden mit seinem Projekt Barrieren brechen seine Einschätzung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für ein Barrierefreiheitsstärkungsgesetz zusammen. Heute, am 8. April, verblieben den Bundestagsabgeordneten noch 79 Tage bis zum letzten regulären Sitzungstag des Bundestages, um den Gesetzentwurf so zu ändern, dass auch Deutschland ein gutes und umfassendes Barrierefreiheitsrecht bekommt.
"Deutschland ist eines der wenigen OECD-Länder, die keine allgemeingültige Gesetzgebung zur Barrierefreiheit – insbesondere für wirtschaftliche Akteure – besitzt. Die größte Einschränkung für Menschen mit Behinderung sind daher noch immer alltägliche Barrieren: Stufen vor Geschäften, fehlende WC-Anlagen oder zugestellte Blinden-Leitlinien", kritisieren die Sozialhelden. “Schon im Vorfeld der Vorlage der Bundesregierung gab es erhebliche Kritik am Referent*innenentwurf. Ein Gesetz, das sich nur auf wenige Produkte und Dienstleistungen bezieht, verdient den Namen Barrierefreiheitsstärkungsgesetz nicht”, so Behindertenrechtsaktivist Constantin Grosch. Für den Verein Sozialhelden ist das Gesetz damit eine Mogelpackung. Denn im Gegensatz zur äußerlichen Verpackung handele es sich bei dem Gesetz nur um die Umsetzung einer Richtlinie (EAA) der Europäischen Union, die sich auf wenige spezielle Situationen und Produkte konzentriert.
"Im Gegensatz zu Ländern wie Österreich, in denen Unternehmen verpflichtet sind “angemessene Vorkehrungen” zu treffen, um auch Menschen mit Behinderungen die Teilhabe am Wirtschaftsleben zu ermöglichen, müssen in Deutschland Barrieren nicht abgebaut werden, sondern dürfen sogar neue entstehen. Es ist enttäuschend, dass die größte Volkswirtschaft in Europa nicht für alle Menschen zugänglich ist und die Regierung daran offensichtlich auch nichts ändern möchte”, kritisiert Constantin Grosch. Besonders im Hinblick auf das bauliche Umfeld werde deutlich, dass der Regierungsentwurf weit hinter den Möglichkeiten zurückbleibt, die selbst auf der Grundlage einer isolierten Betrachtung der EU-Richtlinie bestehe. “Mit dem sogenannten Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verpasst die Bundesregierung wieder einmal die Chance, für eine generelle Barrierefreiheit zu sorgen. Anders als in der von ihr ratifizierten UN-BRK betrachtet sie das Unterlassen von Maßnahmen zur Barrierefreiheit nicht als Diskriminierung.”
Link zu weiteren Informationen zur Kampagne für ein gutes Barrierefreiheitsrecht