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Leuchtturm mit Schrift: Gemeinsam für Inklusion im NordenKiel: Während der Deutsche Bundestag derzeit einen Gesetzentwurf zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts berät, gibt es im hohen Norden der Republik Beispiele, die zeigen, dass die Inklusion behinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gelingen kann, wenn der Wille dazu vorhanden ist und die Unterstützung stimmt. Ottmar Miles-Paul erfuhr im Rahmen seiner Tour auf der Suche nach guten Nachrichten zur Inklusion durch Schlewswig-Holstein von der Geschäftsführerin des Zentrum für selbstbestimmtes Leben Norddeutschland (ZsL Nord), Janine Kolbig, was dort in den letzten sechs Jahren seit der Gründung des Vereins geschafft wurde. Von den 20 Beschäftigten des Vereins haben alle eine Behinderung - und weitere Stellen sind derzeit ausgeschrieben, für die auch behinderte Beschäftigte gesucht werden.

Wenn man mit Janine Kolbig in ihrem Büro sitzt und mit ihr ins Gespräch kommt, wird schnell klar, dass der Slogan auf der Homepage des ZsL Nord „Gemeinsam für Inklusion in Norddeutschland“, der durch ein Bild von einem Leuchtturm untermauert wird, im ZsL Nord Programm ist. Im Mai 2016 nahm Janine Kolbig an der Protestaktion für ein gutes Bundesteilhabegesetz und für Barrierefreiheit am Reichstagsufer in Berlin teil. Damals äußerte sie bereits den Traum, auch im hohen Norden eine Interessenvertretung und vor allem eine Beratung von behinderten für behinderte Menschen im Sinne des Peer Counseling und der Selbstvertretung aufzubauen. Ohne Eigenmittel und einen Verein im Rücken schien dies damals in weiter Ferne. Dass es ausgerechnet das im Dezember 2016 verabschiedet Bundesteilhabegesetz sein wurde, das den Weg für eine entsprechende ergänzende unabhängige Beratung im Norden ebnen würde, damit hatte Janine Kolbig und viele andere Aktivist*innen damals bei aller heute immer noch berechtigten Kritik am Bundesteilhabegesetz nicht gerechnet.

Zurück in Kiel gründete Janine Kolbig mit einer Reihe anderer aktiver behinderten Menchen 2016 den Verein Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen Norddeutschland (ZsL Nord). 2018 bekam die Initiative den Zuschlag im Rahmen der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB), um ein Beratungsangebot von behinderten für behinderte Menschen und ihre Angehörigen anzubieten. 2021 kamen weitere EUTB-Stellen hinzu. Und heute betreibt das ZsL Nord neun EUTB-Beratungsstellen in Schleswig-Holstein. Und dies von behinderten Menschen selbst, so dass 20 der derzeit 20 Beschäftigten des ZsL Nord eine Behinderung haben. Wenn nun also darüber diskutiert wird, ob und wie behinderte Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können und welche Hürden es dabei zuweilen zu umschiffen gilt, kann Janine Kolbig und ihr Team einiges erzählen. Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen arbeiten in den EUTBs des ZsL Nord und in anderen Projekten. Die ca. 45.000 Unternehmen, die keinen einzigen behinderten Menschen beschäftigen, obwohl sie dazu verpflichtet sind, könnten beim ZsL Nord in die Lehre gehen.

Trotz aller Herausforderungen, die mit der Führung eines solchen Betriebs verbunden sind, ist Janine Kolbig noch längst nicht müde. „Ich habe noch so viele Ideen, gerade auch für die Behindertenpolitik. Ich würde hier im Norden gerne eine große Inklusionsveranstaltung organisieren, um zu zeigen, was alles möglich ist und noch getan werden muss“, erzählt sie. Und dabei kann man sicher sein, dass einige ihrer Pläne auch Formen annehmen werden, eine größere Tagung hat das ZsL Nord bereits durchgeführt.

Doch zuerst gilt es im ZsL Nord noch weitere Stellen zu besetzen. Es lohnt sich also für behinderte Menschen auf der Internetseite des ZsL Nord nachzuschauen, welche Stellenausschreibungen es derzeit dort gibt. Für engagierte behinderte Menschen, die etwas bewegen wollen, im Sinne der Inklusion und Selbstvertretung behinderter Menschen, bietet der hohe Norden also gute Perspektiven.

Link zu weiteren Infos zum ZsL Nord

Die gute Nachricht zur Inklusion, die ich aus meinem Gespräch mit Janine Kolbig mitnehme, ist, dass es sich lohnt, Träume zu träumen, sich Ziele zu setzen und gemeinsam mit Verbündeten loszulegen, diese in die Tat umzusetzen. Janine Kolbig und ihr Team sind ein Beispiel dafür, was möglich ist, wenn man sich engagiert und sich mit anderen vernetzt. Zu hoffen bleibt, dass die angestrebte Gesetzesreform für einen inklusiven Arbeitsmarkt es leichter macht, behinderte Menschen zu beschäftigen, statt denjenigen, die sich auf den Weg zur Beschäftigung behinderter Menschen machen, bürokratische Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Hilfsmittel und Arbeitsassistenz müssen schnell zur Verfügung stehen, nicht erst nach viel Generve und Monate später.